Ãœbersetzer und Dolmetscher in der Corona-Krise

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass mit der Corona-Pandemie Wirtschaft und Gesellschaft eine komplette Transformation erfahren werden. Gerade einmal vor zehn Monaten geriet Deutschland in den ersten Lockdown und die gesamte Wirtschaft eines Landes stand still. Schon zu diesem Zeitpunkt war klar: Es wird nichts mehr sein wie zuvor.
Heute sind sich Experten sicher, dass ganze Branchen nach Ende dieser Pandemie entweder nicht länger existieren oder zumindest in neuer Gestalt erscheinen werden. Gerade diejenigen Berufe bei denen direkter zwischenmenschlicher Kontakt unumgänglich ist haben es in dieser Zeit besonders schwer. Dienstleister können zwar zum Teil auf Onlineangebote ausweichen, aber stark personenbezogene Dienstleistungen haben diese Möglichkeiten nicht. Es seien nur mal die Frieseure genannt oder Gastronomen.
Die Übersetzer- und Dolmetscherbranche kann dies auch nur zum Teil tun. Schriftliche Übersetzungen bilden nicht das Problem, sondern auch hier vielmehr die zwischenmenschlichen Interaktionen. Sobald also die Sprachdienstleistung personenbezogener wird bilden die Coronabeschränkungen mal wieder ein erhebliches Hindernis. Alleine im letzten Jahr sind zahlreiche Aufträge weggebrochen, da Großveranstaltungen, Events, Messen o.ä. größtenteils entfielen. Dolmetscher und Übersetzer bilden da als betroffene Berufsgruppe keine Ausnahme. Dennoch am härtesten trifft es innerhalb der Branche die freiberuflichen Dolmetscher.
Neben den abgesagten Veranstaltung macht der allgemein starke Rückgang der Auftragslage dieser Berufsgruppe besonders zu schaffen. Einzelne Solo-Selbstständige haben bis zu 90% ihrer Arbeit veloren. Im letzten Jahr haben sich die Übersetzer und Simultandolmetscher der EU gemeldet und einen klaren Appel an die Kommission in Brüssel gerichtet. In einem offiziellen Schreiben fordern sie nun Solidarität und finanzielle Unterstützung von ihrem bisherigen Arbeitgeber, der EU. Nur noch ein Bruchteil der 1500 freiberuflichen Übersetzer ist seither in Gebrauch, vor allem aber wird der Bedarf durch die Festangestellten gedeckt. Daher wird es jetzt für nicht wenige Dolmetscher ernst: Nicht einmal 20% der bisherigen Arbeit fällt in Brüssel an. Einige Dolmetscher, wie der EU-Dolmetscher Zigmund Stein, können nun nicht einmal mehr ihre Miete zahlen. Seit Juni 2020 sind die Freiberufler nun auf sich selbst gestellt. So auch Steins, der alleine im ersten Halbjahr des Jahres 2020 von den vier Engagements leben musste, die er bekam.
Doch nicht nur die Übersetzer der EU sind in ihrer Existenz bedroht. In einer Umfrage des VGSD (Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e. V.) und der ZEW Mannheim wurde bei 15.000 Solo-Selbstständigen festgestellt, dass 13% der Übersetzer und Dolmetscher ans Aufhören denken. Allein in 9% der Fälle ist mit der Corona-Pandemie der komplette Umsatz weggebrochen. Viele Befragte gehen nun davon aus ihre Altervorsorge antasten zu müssen um ihre Liquidität zu gewährleisten.
Auch außerhalb von Brüssel kämpfen viele freieberufliche Dolmetscher um ihre Existenz. Die allgemeine Umstellung auf Homeoffice ist nicht für jeden eine geeignete Lösung. Dolmetschen von zuhause aus geht leider auf Kosten gewohnter Qualitätsstandarts und ist daher nicht möglich. Die komplexen technischen Rahmenbedingungen bilden ein grundsätzliches Problem. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Sogenannte Dolmetsch-Hubs bieten die Möglichkeit über räumliche Distanz eine einwandfreie Übersetzung auf Online-Konferenzen z.B. zu garantieren. Also beinahe wie das Übersetzen vor Ort. Ausgestattet mit professioneller Dolmetschtechnik und betreut von einem entsprechenden Techniker wird das Übersetzen und Dolmetschen in Corona-Zeiten nun also wieder möglich. Alleine in Stuttgart existieren bereits vier Dolmetsch-Hubs. Doch leider steht nicht überall diese Möglichkeit zur Verfügung bzw. nicht immer kann ein Dolmetscher so ein Tool in Anspruch nehmen. Und auch wenn daran gearbeitet wird die technischen Voraussetzungen auf Online-Konferenzen, Tagungen und Events zu schaffen um einwandfreie Übersetzungen zu ermöglichen geht es insgesamt nur schleppend voran.
Der Bundeverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) hat schon im letzten Jahr ein Positionspapier veröffentlicht, in dem klar Anspruch auf finanzielle und praktische Hilfe erhoben wird. Besonders für die Freiberuflichen. Es wird zum Schulterschluss verschiedener Verbände aufgerufen, sowie zur Solidarität. Erste Früchte sind schon zu sehen: Die Grünenfraktion reagiert auf die Forderung zur Unterstützung und Mitsprache von Solo-Selbstständigen und unterstützt das Schreiben des BDÜ. Doch ein langer Weg steht der Übersetzerbranche noch bevor. Die Krise ist leider noch nicht gebannt. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Bundesregierung in diesem Jahr mit all denen freiberuflichen Übersetzern, Dolmetschern und vielen anderen Personendienstleistern, die unter den Einschränkungen dieser Pandemie leiden nicht nur solidarisiert, sondern ihnen auch zuhört und entsprechende Hilfen zukommen lässt. Denn nur so kann es einen Ausweg geben in dieser Krise und eine Chance, dass entscheidende Branchen, wie die der Dolmetscher und Übersetzer auch in Zukunft fortbestehen.

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